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Aufarbeitung der Silvesterkrawalle: Prävention als Bringschuld

Morgenmagazin, ZDF vom 13. Juni 2023.

Das ZDF präsentiert eine Vor-Ort-Reportage des Moderators Mitri Sirin unter dem Titel „Silvester-Krawalle – und dann?“. Sechs Monate nach der Attacke junger Männer auf Polizei und Rettungskräfte in Berlin-Neukölln sollen Herausforderungen und Lösungen für den Stadtteil diskutiert werden. In der zugehörigen Pressemitteilung stellt sich das ZDF die Frage: „Wird dort ein ganzer Bezirk mit seinen Bürgerinnen und Bürgern für ein paar Krawallmache in Haftung genommen?“. Dazu gab es Live-Interviews u.a. mit dem Bezirksbürgermeister, einem Feuerwehrmann, einer Staatsanwältin, einer Sozialarbeiterin. Dem vielversprechenden Vorhaben einer Aufarbeitung wird das Format nur bedingt gerecht. Das dominante Narrativ: Aufsuchende Sozial- und Präventionsarbeit als Bringschuld unserer – auch migrantischen – Gesellschaft. Dokumentiert wird u.a. die respektable Integrationsarbeit der „Stadtteilmütter“, die in zig Sprachen Kita-Plätze vermitteln. Bemerkenswert sind auch die Erfahrungsberichte eines türkischen Psychologen, der auf mangelnde Inanspruchnahme seiner vielfältigen Integrationsangebote v.a. seitens migrantischer Männer verweist. Und an dieser Stelle machen Reportage und Interviews halt. Sirin stellt abschließend fest: „Was so einfach klingt, ist verdammt harte Arbeit“. Freilich. Für eine Aufarbeitung der Krawalle reicht das aber nicht. Allenfalls für eine Dokumentation eindrucksvoller Sozialarbeit.


Wir fragen: Warum wird das Narrativ der aufsuchenden Hilfe betont, anstatt der Frage nach offenbar fehlender Eigeninitiative weiter nachzugehen? Warum bleiben Forschungsergebnisse zur Bedeutung gewaltlegitimierender Männlichkeitsnormen bei Migranten aus dem muslimischen Kulturkreis unerwähnt? Warum wird die schleppende Strafverfolgung der Krawallmacher nicht tiefgehender beantwortet als mit der Binse einer überforderten Justiz?


Wir fordern: Eine Auseinandersetzung mit dem spezifischen Verständnis von Ehre und Männlichkeit, das häufig mit Gewalt verknüpft ist, in der islamischen Kultur. Und eine offene Thematisierung der Frage: Wer hat vor allem die Bringschuld in Sachen Migration?

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