Zum Auftakt einer neuen ZDF-Sendereihe befragt Christian Sievers Spitzenpolitiker aller Parteien und Menschen aus der Bevölkerung dazu, wie gerecht es in Deutschland zugeht. Doch die Redaktion nimmt die Antwort vorweg: ungerecht.
„Dieses Bild mit der Torte ist ein unredliches Bild!“
Das sagt Michael Kretschmer und bezieht sich auf einen Symbolakt zu Anfang des neuen ZDF-Sendeformats „Wie geht’s, Deutschland?“. Christian Sievers und Hannah Zimmermann präsentieren eine mit Geldscheinen und Goldmünzen verzierte „Vermögenstorte“, die sie ungleich unter einigen Studiozuschauern aufteilen: Einer erhält fast dreiviertel der Süßigkeit: der Reiche. Drei andere erhalten kleinere Stücke, der große Rest muss sich Krümel aufteilen. Mit dieser zweifelhaften Metapher will das ZDF die Daten der neuen EZB-Vermögensbilanz veranschaulichen[1]: Die oberen zehn Prozent der Bevölkerung in Deutschland besitzen rund 60 Prozent des Gesamtvermögens.
Diese Art der Darstellung, die für das ZDF leider nicht neu ist [2], birgt zwei gravierende Probleme: Sie desinformiert die Zuschauer und lenkt sie gleich zu Anfang in eine politische Richtung. Das ist nicht nur unredlich, sondern bricht mit den Objektivitätsnormen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Großes Tortenstück: Zerrbild für Produktivvermögen
Nach der Kuchenverteilungsaktion ist die ungerechte Vermögensverteilung augenfällig: Einer hat mehr als er essen kann, viele haben lächerlich wenig. Das ZDF suggeriert: Das große Stück fällt jetzt der Völlerei eines Einzelnen anheim, während die anderen darben müssen. Das ist ein frappierendes Zerrbild, das die Redaktion selbst eigentlich aufklären müsste.
Es prangert den Reichtum in den Händen Weniger an: Die Reichen könnten ihren Reichtum konsumieren, während der Rest wenig oder nichts hat. Doch das große Stück, so darf Christian Lindner zumindest kurz anmerken, repräsentiert in erster Linie Produktivvermögen, welches Arbeitsplätze für Millionen schafft und erhält sowie Gegenstand unternehmerischer Haftungsrisiken ist.
Schaut man sich die Zahlen der EZB, auf die sich das ZDF bezieht, und auch der deutschen Bundesbank nur etwas genauer an, liest man: Anteilsrechte und Betriebsvermögen befinden sich mit knapp 90 Prozent fast ausschließlich im Besitz der oberen 10 Prozent der Bevölkerung [1][3].
Das Tortenbild negiert also, dass das Vermögen in aller Regel nur untergeordnet in liquiden, sofort konsumierbaren Mitteln besteht. Das Vermögen wird nicht, wie die Süßigkeit, einfach zum Genuss überreicht. Es ist erarbeitet und versteuert worden.
Wir fordern:
Ausgewogene Diskussion statt unternehmerfeindlicher Sendungsauftakt
Eine Sendung, die die Gemütslage eines ganzen Landes widerspiegeln will, sollte nicht derart einseitig und unternehmerfeindlich beginnen. Es wird auch nicht ausgewogener, als die festgestellte Vermögensungerechtigkeit mit der Frage von Lohn und Rente verknüpft wird. Denn sprechen darf dazu nur die eine Partei: ein Ehepaar, das im Niedriglohnsektor des Einzelhandels tätig ist, sowie eine Rentnerin, die ihre prekären Lebensverhältnisse aufgrund von Arbeitslosigkeit und Alleinerziehung darlegt. Die unternehmerische Sicht bleibt außen vor.
[1] „Distributional Wealth Accounts“ (DWA) bzw. der „verteilungsbasierten Vermögensbilanz“ hat die Europäischen Zentralbank (EZB)
[2] Denkfabrik R21: „Superreiche“: ZDF-Doku stellt Steuerlast falsch dar & brüskiert aufrichtige Unternehmer
[3] Deutsche Bundesbank: Eine verteilungsbasierte Vermögensbilanz
der privaten Haushalte in Deutschland, Monatsbericht Juli 2022 https://www.bundesbank.de/resource/blob/894880/958edb67dec48f1dbdeccaf0efd36768/mL/2022-07-vermoegensbilanz-data.pdf
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