Die deutsch-muslimische Publizistin Khola Maryam Hübsch relativierte Ende April bei „Hart aber fair“ islamistische Kalifats-Demonstrationen. Bei Lanz hatte sie das Hamas-Massaker als „Hilfeschrei“ der Palästinenser tituliert. Dass sie Mitglied des HR-Rundfunkrates ist, wird bei ihren Auftritten nicht erwähnt.
Regelmäßig tritt Khola Maryam Hübsch als Verteidigerin der muslimischen Sache im ÖRR auf – bisweilen so markant, dass mancher sich fragt, ob es die extremistische Sache ist. Angesprochen auf die Demonstrationen des extremistischen Vereins „Muslim Aktiv“ in Hamburg, relativiert sie Ende April bei „Hart aber fair“[1] die Rufe nach einem Kalifat. Im Gegenteil: Sie wirft der CDU sogar vor, die Parolen misszuverstehen und behauptet weiter, der Widerspruch zwischen Scharia und Staat sei eine Fantasie. Ein Kalifat ist eine religiös-autoritäre Staatsform auf Basis des Islam, auch als „Gottesstaat“ bezeichnet. Die Scharia ist das islamische Gesetz, demzufolge Gott der oberste Gesetzgeber ist.
Aufgefallen war Hübsch zuvor auch im ZDF-Talk „Markus Lanz“[2] : Sie hatte das Hamas-Massaker als „Hilfeschrei“ der Palästinenser und Israel unmissverständlich als Apartheidstaat tituliert. Ob man derlei Positionen, frei nach Nancy Faeser, „ertragen“ muss, ist die eine Frage. Die andere ist, ob wir sie von einer Person ertragen müssen sollten, die ein öffentliches Amt bekleidet. Fest steht: Treten solche Personen im ÖRR auf, dann sollte ihr Amt als HR-Rundfunkrätin mindestens genannt werden. Beim ARD-Format „Hart aber fair“ war das nicht der Fall, im ZDF-Talk auch nicht.
Öffentliche Rolle von Rundfunkratsmitgliedern
Mitglieder des Rundfunkrats werden von klar definierten gesellschaftlichen Gruppen entsendet, um deren Interessen zu vertreten. Jedoch sollen sie in der Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig sein. Einzige Einschränkung: Sie sind der Allgemeinheit und damit dem Grundgesetz verpflichtet. In Paragraf 5, Abs. 1 des Gesetzes über den hessischen Rundfunk[3] heißt es: „Die Achtung der den Grundrechten zugrunde liegenden objektiven Wertentscheidungen des Grundgesetzes […] ist Voraussetzung und Grundlage für die Mitgliedschaft im Rundfunkrat.“ Ein essenzieller Bestandteil des deutschen Grundgesetzes ist die Glaubensfreiheit (Artikel 4), doch:
Wie sehr erkennt Khola Maryam Hübsch den Grundsatz der Glaubensfreiheit an, wenn sie den Herrschaftsanspruch des Islams hinter Slogans, wie „Kalifat ist die Lösung“ nicht ausdrücklich dementiert ?
Wie sehr fühlt sie sich der Allgemeinheit verpflichtet, wenn sie den Widerspruch zwischen religiösem und weltlichem Recht als Fantasie abtut, wo doch eben diese Trennung die Glaubensfreiheit erst ermöglicht ?
Entsenderecht für illiberale Glaubensgemeinschaften?
Frau Hübsch kam im ihr Amt, weil das hessische Rundfunkgesetz es seit 2016 muslimischen Glaubensgemeinschaften ermöglicht, einen Vertreter in den Rundfunkrat zu entsenden (siehe §5a[3]). Entsendeberechtigt sind der Ahmadiyya Muslim Jamaat in der Bundesrepublik Deutschland KdöR, bei dem Hübsch Mitglied ist sowie weiterhin der DITIB-Landesverband Hessen und die Alevitische Gemeinde Deutschland e. V.
DITIB wird nachgewiesenermaßen massiv aus dem Ausland, vor allem der Türkei, finanziert. Die Alevitische Gemeinde ist liberal, vertritt aber die alevitische Minderheit. Ob Aleviten Teil des Islams sind, ist sowohl unter Aleviten selbst als auch unter Muslimen umstritten. Ahmadiyya Muslim Jamaat ist mit 40.000 Mitgliedern verhältnismäßig klein. Zudem ist sie laut Islam-Expertin und R21-Initiatorin Prof. Susanne Schröter eine der rigidesten, illiberalsten islamischen Gruppen. Frauen würden in der Regel verheiratet, das Kopftuch sei Pflicht, sagt sie. Die Scharia und die Idee des Kalifats seien Leitprinzipien, israelbezogener Antisemitismus weit verbreitet.
Keine große liberale muslimische Organisation in Deutschland
Wer eine große liberale Glaubensorganisation für Muslime sucht, wird schwer fündig. Der organisierte Islam ist nahezu vollkommen in den Händen von Fundamentalisten. Selbst der „liberal-muslimische Bund“, eine sehr kleine Gruppe in Hessen, ist auf die Unterstützung fundamentalistischer Verbände angewiesen. Ihre Gründerin Lamya Kaddor, Grünen-Politikerin, hatte einen Antrag der hessischen CDU-Landtagsfraktion abgelehnt, die Finanzströme der Gruppe offenzulegen.
Islam und Demokratieverständnis schwer kompatibel
Offenbar sind liberale Muslime in Deutschland also nicht hinreichend organisiert und durchsetzungsfähig. Ergebnisse jüngerer Studien wecken überdies immer wieder Zweifel daran, inwiefern islamische Glaubensvorstellungen und Demokratieverständnis insbesondere aus der Sicht junger Muslime miteinander kompatibel sind. Die Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen zeigte in einer Umfrage unter rund 300 Schülern muslimischen Glaubens[4] : Zwei Drittel der befragten Schüler halten den Koran für wichtiger als deutsche Gesetze. Eine repräsentative Studie der Uni Münster zeigt[5] : Die Hälfte der Studentenschaft der Fachrichtung muslimische Theologie an deutschen Universitäten spricht Israel das Existenzrecht ab und gibt als Studienmotiv an, Deutschland zum Islam missionieren zu wollen.
Wir fragen:
1. Wieso wird für den Zuschauer nicht transparent gemacht, dass Frau Hübsch auch Rundfunkrätin ist?
2. Warum wird es illiberalen muslimischen Organisationen ermöglicht, Mitglieder in Rundfunkräte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu entsenden, der seinerseits Demokratie- und Freiheitsgrundsätze wahren soll?
Wir fordern:
Die Beschickung der Rundfunkräte ist keine triviale Frage. Das Entsenderecht darf in einer pluralistischen Demokratie nicht illiberalen, fundamentalistischen Gruppen zugestanden werden – nur aus der Verlegenheit heraus, niemanden ausschließen zu wollen.Wenn es keine liberalen muslimischen Organisationen gibt, können sie nicht berücksichtigt werden.
Sowohl die Frage der entsendeberechtigten Organisationen als auch der Personen ist strategisch hoch relevant und bedarf langfristiger und tiefgründiger Überlegungen in Hinblick auf die Wahrung von Demokratie und Freiheitsgrundsätzen.
Wer, wie Frau Hübsch, Kalifatsforderungen nicht klar dementiert, ist im Rundfunkrat eine personelle Fehlbesetzung.
[1] "Hart aber fair", WDR, vom 29. April 2024, verfügbar unter: https://www.ardmediathek.de/video/hart-aber-fair/braucht-deutschland-eine-konservative-wende/das-erste/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLXNvcGhvcmEtZDI2MGYzYjYtY2FiMi00NDNhLWE2MTEtYTJkNDk5ZmY5M2Rh
[2] "Markus Lanz", Ausschnitt, ZDF, vom 15. November 2023, verfügbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=gmscKMho07c
[3] Gesetz über den hessischen Rundfunk, verfügbar unter: https://www.hr.de/unternehmen/rechtliche-grundlagen/das-hr-gesetz-v1,hr-gesetz-100.html
[4] Jugendliche in Niedersachen. Ergebnisse des Niedersachsen-Srurveys 2022, verfügbar unter: https://kfn.de/wp-content/uploads/2024/02/FB-169.pdf
[5] Şenel, Abdulkerim & Demmrich, Sarah (2024): Prospective Islamic Theologians and Islamic religious teachers in Germany: between fundamentalism and reform orientation, verfügbar unter: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/01416200.2024.2330908
In unserem Land wurde an vielen entscheidenden Stellen irgendwann vergessen, bei aller Offenheit und unbedingtem Mitberücksichtigungswillen, die Grenzen unserer Verfassung als Leitlinien zu leben und ihre einhaltung auch von allen Partizipierenden zu verlangen. Wenn alles Wollen und jedes Agitieren, die unsere Grundfeste der Demokratie, Liberalität und unser (Verfassungs-)Recht missachten, "willkommen" und "richtig" sind, nicht beanstandet werden und daraus keine Konsequenzen erwachsen, dann sind unsere verfassungsmäßigen Prinzipien nichts mehr wert. Sie werden de facto über die Hintertür abgeschafft. Das Beispiel dieser Rundfunk-Rätin zeigt, wie weit es schon gediehen ist.